Epagneul de Saint Usuge
Der Jagdhund für alle Fälle
Der panierte Hund - Gerry, die Stinkmorschel
Eine Woche vor Aufgang der Bockjagd war ich wieder in der Welt voller Abenteuer, genannt Spessart. Der Chef hatte sich eine
Menge vorgenommen: Hochsitze kontrollieren, Pirschwege vom Laub befreien und Maisfelder mit Elektrozäunen versehen, um
sie vor den WIldschweinen zu schützen.
“Jetzt kommt die große Freiheit”, dachte ich, denn, wenn er das alles macht, kann er mich ja nicht ständig im Auge behalten.
An einem späten Nachmittag sind wir dann mit Freund Bernd und seiner Wachtelhünding Laika auf die Felder gefahren um zu
“zäunen”. Zaunpfähle, Eckstützen und Drahtspulen wurden am Geräteschuppen geladen und ab ging es zum ersten, frisch
eingesäten Maisacker.
Überall blühten die gelben Rapsfelder und das sprießende Getreide bedeckte die hügelige Landschaft wie ein grüner Teppich.
Ich dachte gerade: “Da müsste sich doch etwas finden lassen”, als ich auch schon eine verheißungsvolle Duftspur in der Nase
hatte. Der Chef kämpfte gerade mit einer Drahtspule und war sehr abgelenkt, als ich mich auf die Suche machte. Es war
wunderbar so durch das hohe Grün zu sausen und die vielen Duftspuren zu untersuchen. Das war “freies Jagen”, so richtig nach
meinem Geschmack!
Nur Laika, dieser kleine wilde “Saupacker”, war weit und breit nicht zu entdecken. Sie war sonst immer die Erste, die im
Gelände verschwand, aber jetzt wirklich nirgends zu sehen.
Da fiel mir wieder ein, dass Laika im Auto verschwunden war.
Es war schon komisch: kaum hatte der Chef die erste Drahtrolle in die Hand genommen und begonnen sie abzuspulen, als
Laika mit einem großen Satz auf dem Beifahrersitz landete.
Ich hörte nur noch wie der Chef lachend sagte: “Die hat ihre Lektion bereits gelernt”. Was hat er wohl damit gemeint, denn der
Draht liegt ganz ungefährlich am Boden, knurrt nicht und riecht nicht und macht garnichts? Man kann soagar darüber hinweg
springen und er wehrt sich nicht.
Na, egal, diese Stelle riecht besonders verführerisch. Je länger ich der Spur folgte, desto intensiver wurde der angenehme
Duft.
Mein Chef und Bernd hatten den Maisacker mit weißen Pfählen und dem Draht von der Rolle zweimal umrundet. Der Zaun
war fertig und schon ging es zum nächsten Acker, wo sich das gleiche Spiel wiederholte ---- und ich hatte immes noch “freies
Jagen” und diesen wunderbaren Geruch in der Nase.
Als es zu dämmern begann, waren alle Zäune aufgestellt und es ging wieder zurück. Bernd lieferte die restlichen Stäbe und
Spulen zum Geräteschuppen und mein Chef fuhr mit mir zum Bauhof, wo wir uns treffen wollten.
Unterweg hörte ich heftiges Schnüffeln, unverständliches Gemurmel und die Fenster wurden alle sehr weit geöffnet. Auf dem
Bauhof wurde die Kofferraumtür heftig aufgerissen und eine wahre Schimpfkanonade brach über mich herein. Das traf mich
aber jetzt völlig unvorbereitet und verletzte mich tief. Ich war total unschuldig und schaute meinem Chef beleidigt in die Augen. -
-- Das half sonst immer!
Aber, er war richtig wütend, mein treuer
Blick half diesmal nicht und ich kannte
meinen geliebten Chef gar nicht wieder. Was
war bloß in den gefahren?????
Als dann auch noch Bernd grinsend
meinte: “Der Gerry hat aber eine schöne
mattgraue Farbe. Hast Du den färben
lassen?”, fand ich mich sehr unsanft in einer
mir wohlbekannten Brausetasse wieder.
Das kann der Chef doch nicht schon wieder
mit mir machen. Erst in der vorigen Woche
hat er mir meinen Superduft abgewaschen,
den ich mir sehr mühevoll bei einem etwas
älteren Aal am Rhein besorgt hatte. Wenn
der wieder mit der grässlich riechenden Seife
meinen schönen Duft abwäscht, knurrt mich
jeder Hund an.
Ich startete diverse Fluchtversuche, aber
die Tür war zu, der Raum sehr klein und der
Chef wurde immer gröber. Als ich dann
endlich in der Bausetasse wieder gelandet war, ergab ich mich tief seufzend meinem Schicksal.
Mit triefendem Fell, hängenden Ohren und einem leidenden Blick musste ich mit ansehen, wie all der gut riechende Sand aus
meinem Fell gespült wurde, Welche Mühe hatte es mich gekostet, mich in diesen wahrhaft himmlischen Dufthaufen hinein zu
wühlen, mir Schultern und Rücken einzureiben und auch Hals und Läufe nicht zu vergessen. Und nun war alles wieder dahin.
Selbst meine gegheinmsten Verstecke zwischen den Zehen wurden vom Chef gründlichst gereinigt. Nichts blieb mir von der so
mühevoll erworbenen Tarnung.
Als ich endlich aus dieser Folterkammer entlassen wurde, hörte ich, wie Bernd zu meinem Chef sagte: “Mensch, Udo, so hast
Du ja noch nie geflucht”. Dabei war wahrschlich “Stinkmorschel” noch der netteste Ausdruck!
Ich glaube, dass meine “freie Jagd”, die ich doch so liebe, für die nächste Zeit sehr eingeschränkt ist.
Autor: Udo Weeser
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